Die Nadel im Heuhaufen finden: Steigende Rolle von BMP9 und BMP10 bei PAH

08 Feb 2020 23:21 - 08 Feb 2020 23:38 #575 von ralf
erj.ersjournals.com/content/53/3/1900078
Titel: Finding the needle in the haystack: BMP9 and 10 emerge from the genome in pulmonary arterial hypertension
Deutsch: Die Nadel im Heuhaufen finden: Neue Studien deuten auf die Rollen  von  BMP9 und BMP10 in PAH hin


Zitat der Zusammenfassung, übersetzt: 

"Zusammengenommen deuten die humangenetischen Beweise auf eine kritische BMP9-BMP10/ALK1/BMPR2-Achse hin, die für die Aufrechterhaltung der endothelialen Integrität und Funktion verantwortlich ist (Abbildung 1). Diese Achse scheint besonders wichtig für den Lungenkreislauf zu sein, wo die mRNA-Spiegel von ALK1 und BMPR2 höher sind als in jedem anderen Organ, was vielleicht die isolierte pulmonale Gefäßbeteiligung bei PAH-Patienten erklärt. Eine verminderte Signalübertragung über diesen Weg tritt bei genetischen und nicht-genetischen Ursachen der PAH auf und fördert die endotheliale Dysfunktion, eine erhöhte vaskuläre Permeabilität und Apoptose, eine gestörte Angiogenese und letztlich die pathologischen Veränderungen der PAH."



HIER EIN WENIG HINTERGRUND-INFORMATION IN HOFFENTLICH VERSTÄNDLICHER SPRACHE. 
OHNE GEWÄHR!

BMP9 und BMP10 sind Proteine, die frei im Blut zirkulieren. Sie werden u.A. in der Leber bzw. im Herz gebildet und ins Blut entlassen. 
BMP9 / 10 docken an einen Komplex aus Rezeptoren an, der sich aus den Rezeptor-Proteinen 

BMPRII (codiert durch das Gen BMPR2) 
ALK1 (codiert durch das Gen ACVRL1)
und im weiteren Sinne (regulierend auch) Endoglin (codiert durch das ENG-Gen) bildet. 

Hier docken BMP9 und BMP10 als sogenannte Liganden (also Bindungspartner nach dem sog. "Schlüssel-Schloss-Prinzip von Rezeptoren (Schloss) und Ligand (Schlüsssel)" an und haben offenbar auch eine steuernde Funktion auf die Regelung der Integrität der Gefäßwände und deren Wachstumsregulation. 
BMP9 ud BMP10 kommen auch als sog. Dimere (Verbindung aus 2 Molekülen) vor. (Sabine Bailly et. al.)

Interessanterweise werden Mutationen dieser Gene BMPR2, ACVRL1, ENG und auch BMP9 (alias GDF2) sämtlich nicht nur bei PAH-Patienten gefunden, sondern alle 4 auch bei hereditärer hämorrhagischer Teleangiektasie (HHT) alias Morbus Osler, einer ebenfalls proliferativen fortschreitenden Gefäßerkrankung, die allerdings nicht wie die PAH vor allem in der Lunge Gefäßwandverdickungen und Lumen (Querschnitts-) Verengungen der Gefäße bewirkt, sondern in fast allen Organen des Körpers zu falschem Wachstum von Gefäß-Kurzschlüssen (Shunts), sog.AVMs (wenn sie größer sind) oder Teleangiektasien (wenn sie kleinere Gefäße betreffen). Diese Gefäßfehlbildungen weisen, ganz im Gegenteil zur PAH, zu dünnen Gefäßwände auf, also schwächer als normal, nicht dicker. Das kann zu Blutungsproblemen führen und im Falle von hohen Flüssen auch zu Veränderungen der Hämodynamik, also des Blutflusses/Umsatzes. Was wiederum auch zu PH führen kann und zu anderen Problemen und Symptomen. (Mehr dazu z.B. auch www.morbus-osler.de, der HHT Selbsthilfe in Deutschland). Hauptsymptom von HHT ist Nasenbluten, aber es können alle Organe z.T. lebensgefährlich betroffen sein. 

Während bei PAH das BMPR2-Gen für die meisten familiären PAH-Fälle verantwortlich ist (je nach Publikation bis zu ca. 85%), kommen die anderen o.g. bei PAH Genmutationen seltener vor. Z.B. haben laut einer Publikation von Nicholas Morrell et. al. 2019 nur 0,9% der erwachsenen HPAH/IPAH-Patienten  und ENG-Mutation bei 0.6% und BMP9)/GDF2 noch seltener. Bei Kindern mit IPAH/HPAH werden allerdings häufiger die Gene ACVRL1 und ENG als Ursache gefunden, (zusammen ca. 12% gemäß eines aktuellen Reviews). 

Zum Vergleich: Bei der HHT kommen die Gene ENG (HHT1) und ACVRL1 (HHT2) viel häufiger vor und werden weltweit  etwas zur Hälfte in ca. 80-85% der Patienten gefunden. Allerdings regional unterschiedlichen Verhältnissen (im mediteranen Raum deutlich mehr ACVRL1 und weiter nach Norden in Deutschland und Skandinavien  z.B., etwas häufiger ENG-Mutationen. Umgekehrt findet man Mutationen des BMPR2-Gens sehr selten auch bei HHT (nur einzeln berichtet). Das GDF2-Gen (BMP9) bewirkt eine der HHT sehr ähnliche Symptomatik, allerdings etwas anders. 

Derzeit wird das Thema BMP9/10 sowohl bei PAH als auch bei HHT sehr intensiv beforscht und es würde in meinen Augen sehr viel Sinn machen, Genotypen, die beide Krankheiten ausbilden können (oder auch nur eine davon oder keine), im Labor zu untersuchen. (Meine Meinung). 

Hieraus ergeben sich möglicherweise auch Therapien für die PAH oder vielleicht auch HHT. So entwickelt die Firma Morphogen-IX aus Großbritannien derzeit ein Analog zum körpereigenen BMP9, welches aber einige Nebenwirkungen eine BMP9-Überdosierung nicht aufweisen soll (MGX-292 genannt). (mögliche NW des Original-BMP9s: Osteogenese, also falsches Wachstum von Knochenzellen).

Übrigens, können Patienten mit Mutationen in den höheren Exonen des ACVRL1 Gens (die den Teil des Rezeptor-Moleküls codieren, das ins Zellinnere ins sog. Zytoplasma reicht) sowohl PAH als auch HHT entwickeln; PAH aber zum Glück seltener und meist, dann leider auch bei Kindern (am häufigsten, glaube ich,  Exon 10 - Mutationen). 

DIESER TEXT IST NACH MEINEM VERSTÄNDNIS ALS LAIE UND PATIENT, DER BEIDES HAT, VERFASST. DAHER OHNE GEWÄHR UND LEDIGLICH ALS BASIS FÜR EIGENE RECHERCHEN GEDACHT. DIE PROZENTANGABEN KÖNNEN JE NACH PUBLIKATION ETWAS ABWEICHEN. 

Ralf Schmiedel


Tacrolimus alias FK-506 (welches in den Signalweg des og. Rezeptorkomplexes auf das BMP9-Signaling (verstärkend) wirkt, wird in einzelfällen bei HHT+PAH und HHT allein ausprobiert. Es gibt auch Studie zur Wirkung auf PAH. 
Z.B. hier: Case Report bei PAH und HHT:  www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30260738
FK506 bei HHT:  www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=heredi...telangiectasia+FK506
FK506 bei PAH:  www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=pulmon...+hypertension+FK-506
Das sagt die Firma Morphongen-IX zu ihrem Wirkstoff:  www.morphogen-ix.com/news.html

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