Mein Name ist Johanna, Ich bin jetzt 52 und hatte mit 50 die Verdachtsdiagnose PH

 

 

 

 

 

Sport ist Mord

Zu dem Zeitpunkt konnte ich keine Treppe mehr steigen. Rhythmusstörungen, wenn ich mich nachts im Bett umdrehte, und nach Luft japsen. Immer müde und angestrengt, mutlos, kraftlos. Trotz 3x wöchentlichem Training und viel draußen unterwegs sein (Paddeln, wandern, Pferd) - nach einem Bandscheibenvorfall mit 48 wurde ich noch aktiver- ging es mir immer schlechter. Alles war unendlich anstrengend. Ich kam mir faul und disziplinlos vor, durch eine Eßstörung habe ich Übergewicht und jeder schiebt so eine schlechte Verfassung ja erst mal darauf.

 

 

Dauernd krank

Mit 35 hatten schon erste deutlichere Probleme begonnen, auch Kraftlosigkeit, depressive Verstimmungen, ständige Infekte; ich fühlte mich alt und krank – bis mit 41 endlich Hashimoto diagnostiziert wurde und es mir mit der Medikation plötzlich wieder wesentlich besser ging – wie das Auftauchen aus einem tiefen Tunnel.

Ich hatte immer wieder mal mit Sport begonnen, seit der Jugend, aber immer war irgendwas, meist wurde ich krank und musste dann von vorn anfangen.

 

Heute weiß ich: ich bin sportlich und willensstark!

 

Erste Hinweise auf die Ursache des "Schlamassels" und wieder dauernd krank

Mit 46 war eine Vergrößerung des rechten Herzens festgestellt worden. Die Kardiologin meinte lapidar, naja das behalten wir im Auge – das wars. Ich wusste damals leider nicht, dass das durchaus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist und man dem nachgehen müsste.

Jahrelang ging es so auf und ab, mal eine Lungenentzündung, eine Borreliose, Lippenherpes war mein ständiger Begleiter und ich war x-mal im Jahr krank. Schleichend verschlechterte sich alles, so dass ich es zwar im Einzelnen wahrnahm, aber insgesamt nicht auf den Trichter kam, dass da vielleicht was grundsätzlich falsch läuft. Ich hatte einfach immer das Gefühl, ich bin ein „Mängelexemplar“, und dass es (für mich) normal ist, dass alles so schwer und mühsam ist.

Ich ging kaum mehr Risiken ein und erstarrte in Routinen, ich nahm nicht wahr dass Kräfteschonen schon meine zweite Natur geworden war.

 

 

 

Dauerhusten, Verdacht PH, "Flucht"

Mit 49 dann hatte ich zum wiederholten Mal monatelang Reizhusten. Ich begann zu der Zeit in einer Lungenfachklinik zu arbeiten und konnte schließlich nicht mehr umhin, dass ich herausfinden muss, woher dieser Dauerhusten kommt.

Der Termin (im Februar) beim Lungenfacharzt war ein Hammer und ein großes Glück, denn der Arzt war sehr fit und hatte PH im Hinterkopf. Zuerst meinte er: „sie müssen jetzt Vertrauen zu ihren Ärzten haben“. Ich war alarmiert, verstand die Botschaft zwischen den Zeilen nur zu gut.

Ich hatte im Lungen-CT kleine fibrotische Veränderungen, auf dem Weg von der Röntgenpraxis zum Arzt googelte ich Fibrose und war geschockt. Die Fibrose stellte der Arzt aber eher in den Hintergrund und meinte, er empfehle mir dringend einen Rechtsherzkatheter wegen Verdachtsdiagnose Pulmonale Hypertonie.

Ich kann mich noch erinnern, wie ungläubig ich war, dass ich jetzt für 3 Tage ins Krankenhaus sollte! Ich hatte ja zwei neue Stellen angetreten und war in der Probezeit. Als ich zuhause dann PH googelte, war erstmal alles aus. Ich flüchtete in Aktionismus anstatt mich zu schonen, obwohl ich eigentlich nicht mehr konnte.

 

In der Zeit haben mich Menschen aus der FB Gruppe zu PH unglaublich aufgefangen.

 

 

Gute Fachärzte

Der Arzt hat mich zum Glück gleich ins richtige Krankenhaus (Neuwittelsbach, München) zu super Ärzten unter Prof. Hanno Leuchte weitergereicht (April).

Der RHK ergab dann: ein Lungendruck von 20, also Obergrenze Normalbereich, und dass ich ein Loch in der Vorhofzwischenwand habe (Atriumseptumdefekt II), welches die Beschwerden erklärt.

 

Ich war so erleichtert!!!!!! Statt PH „nur“ ein Loch im Herz.

 

Es wurde mit einem Ballon während des RHK probeweise verschlossen, um zu schauen wie mein Herz reagiert. Außerdem meinten die Ärzte, ich hätte bisher jederzeit sterben können, wenn sich ein Gerinnsel gebildet hätte. Super…. Es folgte ein ambulanter Schluckultraschall bei der Kardiologin, der die ASD II – Diagnose bildlich bestätigte.

 

 

 

 

Operationen, Mobbing, Kündigungen, neuer Job, aber...

Als nächstes wurde trotz der grenzwertigen Größe ein Schirmchenverschluss versucht (Mai)– leider erfolglos, das Loch war zu groß.

Die ganze Zeit war ich wahnsinnig im Druck wegen meinen beiden neuen Stellen, und wurde noch gemobbt von einer Kollegin.

Die saß ausgerechnet in der Zeit in meinen Patientengesprächen mit dabei, in denen die Verdachtsdiagnose PH über mir schwebte – ich war leider so dumm, trotzdem arbeiten zu gehen und konnte kaum mehr Abstand wahren zu meinen Patienten, die mit ihren Sauerstoffschläuchen vor mir saßen.

Mittlerweile waren mir beide Jobs gekündigt worden, ich verschickte mitten in dem ganzen Chaos Bewerbungen und stand einen Hospitationstag durch – das Gebäude hat vier Stockwerke, die ich eigentlich nicht schaffen konnte, aber irgendwie ging es doch. Die Zusage zum neuen Job kam – für 1. Juni. Ging aber nicht….

 

… denn Ende Mai musste ich in die Herzchirurgie München-Bogenhausen einrücken. Die dortige leitende Oberärztin Dr. Kotetishvili kann den Eingriff am Herzen, der an sich nicht so schwierig ist, auch „minimalinvasiv rechtsthorakal“ durchführen, was mir die Monsternarbe am Brustbein erspart hat.

Die OP am offenen Herzen war das heftigste, was ich bisher erlebt habe. Einen wunderbaren Moment gab es allerdings auf der Intensivstation: ich war halb wach und sollte etwas beim Drehen mithelfen. Ich zog mich ans Gitter und merkte in dem Moment

 

WIE STARK MEIN HERZ IST!!!! Wahnsinn.

 

 

 Wundheilungsstörungen, Lungenödem, Reha

Die Zeit im Krankenhaus war schwierig, mit einer Wundheilungsstörung in der Leiste und Wasser in der Lunge, aber das ging alles vorbei und im Juli/August war ich endlich auf Reha. Da war zwar alles auf 70jährige Männer mit schlechtem Lebensstil und koronarer Herzerkrankung zugeschnitten, aber ich hab das Beste daraus gemacht und einfach den Fitnessraum okkupiert.

 

Das Leben hat mich wieder!

 

Mitte August begann ich Teilzeit in meinem neuen Job zu arbeiten (zu früh und viel zu stressig, aber mein Körper hat es gepackt). Im Jahr nach der OP ging es langsam aber sicher aufwärts. Ich war gleich nach der Reha auf 2300m Höhe – ja, das hätte ich mit PH nicht mehr dürfen – und hab mir erst mal alles von der Seele geschrien!

 

 

 

 

Zukunftspläne

Nach und nach habe ich die OP auch psychisch verarbeitet. Jetzt, fast zwei Jahre später, geht es mir körperlich so gut wie nie zuvor. Ein Gefühl von Kraft und Stabilität, das ich vorher nie hatte. Ich beginne jetzt eine Ausbildung, um mit chronisch und unheilbar kranken Menschen zu arbeiten. Jetzt noch so eine Ausbildung zu beginnen hätte ich früher nicht mal annähernd in Erwägung gezogen.

 

 

 

 

ernster Rückblick

Ich merke, wie eingeschränkt ich gelebt habe. Dass ich als Kind „ein Loch im Herz“ hatte – Kommentar der Ärzte: das wächst von selber zu – und immer einen „komischen Zwischenton“ beim Herz abhören, wurde zwar irgendwie gesagt, aber keiner nahm es ernst.

Dadurch, dass der ASD II mit normalem Herzultraschall nicht sichtbar ist, kam niemand darauf, dass da nichts zugewachsen ist.

Heute werden die angeborenen Herzfehler sehr oft bereits im Kindesalter entdeckt – daher sind die Chirurgen eher auf Kinder spezialisiert und es ist gar nicht so einfach, einen Chirurgen zu finden, der sich mit diesen (seltenen) Defekten bei Erwachsenen auskennt. (J)EMAHs – (Jugendliche und) Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern – werden von Kinderherzchirurgen behandelt und stehen dann mit Erreichen des Erwachsenenalters oftmals im Regen.

 

 

 

 

Ich kann allen Betroffenen nur ans Herz legen, nicht locker zu lassen, bis ihr wirklich kompetente Ärzte findet. Die Gefahr bei diesen Herzfehlern besteht darin, dass es irgendwann eine Shunt-umkehr, also eine Umkehr der Druckverhältnisse geben kann, womit eine OP nicht mehr gemacht werden kann und sich eine PH entwickelt.

Die PH-Spezialisten bezeichneten meinen genialen Lungenarzt Dr. Böhland und meine Kardiologin Dr. Eberl als „Trüffelschwein“ – wenige hätten so reagiert und „geschaltet“ wie er und es hätte für mich dann jederzeit so weit sein können, dass die PH unausweichlich ist.

 

 

 

 

Ich bin unendlich dankbar!