www.atsjournals.org/doi/10.1164/rccm.202009-3698OC
Original-Titel: Association Between Initial Treatment Strategy and Long-term Survival in Pulmonary Arterial Hypertension
Deutsch: Zusammenhang zwischen initialer Behandlungsstrategie und Langzeitüberleben bei pulmonaler arterieller Hypertonie
Zitat (übersetzt):
"
Rationale: Der Zusammenhang zwischen der initialen Behandlungsstrategie und dem Überleben bei pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) bleibt ungewiss. Ziele: Bewertung des Langzeitüberlebens bei PAH in Abhängigkeit von der initialen Behandlungsstrategie. Methoden: Retrospektive Analyse von inzidenten Patienten mit idiopathischer, erblicher oder anorexigen-induzierter PAH, die in das französische Register aufgenommen wurden (01/2006 bis 12/2018). Das Überleben wurde entsprechend der initialen Strategie bewertet: Monotherapie, Zweifach- oder Dreifachkombination (zwei orale Medikamente und ein parenterales Prostazyklin). Ergebnisse: Von 1611 eingeschlossenen Patienten wurden 984 mit einer Monotherapie, 551 mit einer dualen und 76 mit einer Dreifach-Kombinationstherapie initiiert. Die Gruppe mit der Dreifachkombination war jünger und hatte weniger Komorbiditäten, aber ein höheres Mortalitätsrisiko.
Die Überlebensrate war bei der Dreifachtherapie (91 % nach 5 Jahren) besser als bei der Dual- oder Monotherapie (beide 61 % nach 5 Jahren), p<0,001. Ein Propensity-Score-Matching nach Alter, Geschlecht und pulmonalem Gefäßwiderstand zeigte ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen Triple- und Dualtherapie (10-Jahres-Überleben 85% vs. 65%). Bei Hochrisikopatienten (n=243) war das Überleben unter Triple-Therapie besser als unter Mono- oder Dualtherapie, während es keinen Unterschied zwischen Mono- und Dualtherapie gab. Bei Patienten mit mittlerem Risiko (n=1134) verbesserte sich das Überleben mit zunehmender Anzahl der Therapien.
In der multivariablen Cox-Regression war die Dreifachtherapie unabhängig mit einem geringeren Sterberisiko assoziiert (Hazard Ratio 0,29, 95% Konfidenzintervall 0,11-0,80, p=0,017). Unter den 148 Patienten, die mit einem parenteralen Prostazyklin initiiert wurden, hatten diejenigen unter Triple-Therapie ein besseres Überleben als diejenigen unter Mono- oder Dualtherapie."
Schlussfolgerungen: Eine initiale Dreifach-Kombinationstherapie einschließlich parenteralem Prostazyklin scheint bei PAH mit einem besseren Überleben assoziiert zu sein, insbesondere bei den jüngsten Hochrisikopatienten.
Eigener Text mit ein paar Erklärungen dazu: (Ralf Schmiedel)
Ein sehr klarer Hinweis darauf, dass eine frühzeitige 3-fach-Therapie sehr sinnvoll ist und das Überleben verlängert. Leider auch sehr "interessant": Eine 2-fach-Therapie (ohne Prostanoid) hatten keine Überlebensvorteile gegenüber einer 1-fach-Therapie. Es "muss" also ein Prostacyklin dabei sein (oder vermutlich ein anderer Wirkstoff, der diesen Wirkpfad bedient, was aber sicher noch nicht in Langzeitdaten vorliegt).
Bemerkenswert finde ich die 5-Jahres-Überlebensrate von 91% gegenüber 61%. Das ist schon sehr deutlich.
Ganz bemerkenswert ist die sog. Hazard-Ratio von Patienten mit mittlerem Risiko (also gelb in der Ampeltabelle aus den Leitlinien). Gerade diese Patienten verzichten ja derzeit noch gerne auf eine Prostazyklin-Therapie (!). Die Hazard-Ration ist eine errechnete Wahrscheinlichkeit, das ein Ereignis, hier Tod, eintrifft, im vergleich zu einer Kontrollgruppe. Die Hazard-Ratio von 0,29 besagt also, dass es weniger als 1/3 (!) so wahrscheinlich ist, im Beobachtungzeitraum zu sterben, als ohne Prostazyklin. Man muss noch erwähnen, dass das Konfidenzintervall, welches die Streuung des Wertes angibt, von 0,11-0.80 geht. Das heißt die Wahrheit liegt zu 95% irgendwo zwischen 0,11 und 0,80. Man kann es nicht genauer sagen, weil die Stichproble nicht so groß ist. Aber alles ist besser als 1, also der Vergleichswert. Der p-Wert, hier 0,017 gibt an, mit welcher Wahrscheinlich man sich mit der Aussage (3-Fach-Therapie ist besser, salopp ausgedrückt) vertun kann. =, Wert von 0,017 ist schon gut.
Begriffe:
Prostazyklin ist ein körpereigener Stoff, welcher die Gefäße entspannt und Proliferation (weiteres Zuwachsen) hemmt. Dieses ist bei PAH zu niedrig vorhanden. Daher ersetzt man es mit Medikamenten, die es nachbilden, wie z.B. Epoprostenol, Treprostinil, Iloprost, etc. oder einem Stoff wie z.B. das Selexipag, welches ebenfalls auf einen Rezeptor wirkt, den auch Prostazyklin aktiviert.
Zum Schluss noch eine persönliche Beobachtung, die aber rein subjektiv ist und auf der Basis von dem basiert, was ich in fast 20 Jahren Patintenforen und - gruppen erlebt habe. Die Langzeitüberlebenden unter den Nicht-NO-Respondern, die ich z.T. seit 2002 kenne, haben oft von der Diagnosestellung an Ventavis inhaliert und ggf. später andere Prostazykline bekommen. Selbst die INhalation mit Ventavis, welches als nicht so wirksam betrachtet wird, wie eine intravenöse oder subkutane (unter die Haut) Dauerinfusion, scheint diesen Leuten, die das sehr diszipliniert inhaliert haben und noch inhalieren, offenbar geholfen. Aber das ist jetzt nur ein Bauchgefühl, das ich seit langem habe. Es ist keine statistisch belastbare noch wissenschaftliche Aussage. Ich betrachte diese Studie als Bestätigung.
Nur ein paar Gedanken eines Patienten.
Zieht selbst eure Schlüsse aus dieser Veröffentlichung. Am besten zusammen mit dem PH-Arzt. Fragen können hier oft eine fruchtbare Diskussion einleiten, wenn man als Patient ein paar Infos kennt.
RS
IPAH/HPAH
1996 - 2020