Arbeiten mit PH

 

 

Ich bin Christina, 32 Jahre alt und Sachbearbeiterin in Teilzeit, gleichzeitig erhalte ich eine teilweise Erwerbsunfähigkeitsrente. PH habe ich infolge eines angeborenen Herzfehlers, also stand für mich schon früh fest, dass ich mal in einem Büro arbeiten werde.

 

Im Jahr 2005 beendete ich die Schule nach 10 Jahren mit einem sehr guten Abschluss und ich begann eine betriebliche Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten. Diese fand in Vollzeit statt. Dort wusste man auch über meinen Gesundheitszustand bescheid, ich habe das nie verschwiegen und mir eher zum Vorteil gemacht, weil Firmen ja bestimmte Quoten erfüllen sollten und es auch Zuschüsse für Arbeitgeber gibt.

 

Nach der Ausbildung (2008) hatte ich eigentlich auch ziemlich Glück und ich habe sofort eine Vollzeitstelle in dem Beruf bekommen. Leider nicht an meinem Wohnort (Halle), sondern in Leipzig. Da ich damals noch keinen Führerschein hatte, bin ich immer mit dem ÖPNV gefahren. Das hat mir glaube so ca. zwei Stunden pro Tag zusätzlich geraubt.

 

Ich war dort alleinige Mitarbeiterin, was einerseits gut war und andererseits mies, weil ich viel zu oft darüber nachgedacht habe, ob ich zu Hause bleibe, wenn ich krank bin oder nicht. Ich habe mir auch nie richtig Zeit zum Essen genommen und immer nur nebenbei schnell was gegessen. Gleiches gilt für das Trinken, nur Kaffee war immer da. Und jegliche Arbeit blieb auch an mir hängen, sodass ich oft einen ganz schönen Berg Arbeit hatte, den ich an einem Tag abgearbeitet habe und nicht pünktlich Feierabend hatte.

 

Und so kam es wie es kommen musste. An einem Freitag bekam ich wieder mal nach der Arbeit Kopfschmerzen. Ich fuhr nach Hause und nahm eine Schmerztablette. Am Samstag bin ich dann zu meinem damaligen Partner gefahren und auch da hatte ich nach wie vor Kopfschmerzen die im Laufe des Tages schlimmer wurden und als ich mich nach dem Abendessen übergeben habe, hat er den Notarzt gerufen, denn das konnte nun nicht mehr normal sein. Die Ärzte hatten den Verdacht auf eine Meningitis und sie fanden in einem MRT eine Raumforderung im Gehirn, aber nichts was auf einen Hirninfarkt hinwies.

 

Das war der Moment in dem ich für mich entschieden habe, dass ich so nicht weiter machen kann, wenn ich noch etwas von meinem Leben haben will. Ich sprach also mit meiner Chefin, die gelegentlich nicht genügend Empathie aufbrachte, aber sie lies sich darauf ein, dass ich kürzer treten könnte. Ich beantragte somit im Ende 2010 eine teilweise EU-Rente, welche ich glücklicherweise auch bekommen habe.

 

Ich arbeitet dann noch 18 Stunden pro Woche. Anfänglich an zwei Tagen á neun Stunden und danach an drei Tagen á sechs Stunden. Das lief auch gut soweit. Allerdings war der Fahrtweg immer noch da. Zudem zog die Kanzlei um und ich musste auch in Leipzig noch Straßenbahn fahren. Auch war es dann nur noch eine 450,- € Stelle (das war vor Einführung des Mindestlohns, da war mein Stundenlohn 6,50 € brutto oder so ähnlich). Als ich mich dann auch noch von meinem Partner trennte und Hartz IV beantragen musste, damit ich meine Wohnung bezahlen kann, beschloss ich, dass sich etwas ändern muss. Ich suchte mir einen anderen 450,- € Job in Halle aus dem ich dazu auch noch jeder Zeit raus kam. Ich wollte mir eine „vernünftige“ Teilzeitstelle suchen.

 

Das teilte ich dem Jobcenter auch mit (ich hatte sie vorher schon mal angeschrieben, ob sie mir nicht helfen könnten... Ich warte heute noch auf eine Antwort). Da bemühten sie sich dann, dass ich eine andere Stelle bekommen. Ich bewarb mich für sämtliche Teilzeitstellen im Büro. Halle hat einige Callcenter und so zog ich auch dies in Betracht, solange ich keine Leute aktiv anrufen und ihnen etwas „aufquatschen“ muss. So kam ich zu einem Vorstellungsgespräch für ein Tochterunternehmen des ADAC. Dort konnte ich mir quasi aussuchen, wie viele Stunden ich arbeiten möchte bzw. kann. Ich habe mich für 25 h/Woche entschieden. Damit geht es mir gut. Ich konnte mich dort auch immer weiterentwickeln und bin vom Calltaker zur Sachbearbeiterin ausgebildet worden. Das heißt, ich kann jetzt unter anderem Krankenrücktransporte organisieren und erkrankte/verletzte Personen in deutschen Krankenhäusern anmelden. Dazu musste ich einen 2 Wochen Crash Kurs Medizin in München machen.

Und ich bin auch Teil der Schwerbehindertenvertretung.

 

Als 2020 Corona nach Deutschland schwappte, war ich eine der ersten, die ins Homeoffice wechseln durfte. Im Juni 2020 hatte ich einen Schlaganfall, eine Endokarditis und eine Pneumonie und im März 2021 verschlechterte sich meine PH schlagartig. Allerdings konnten mir die Ärzte mit einer Medikamentenumstellung helfen und ich bin noch motivierte wieder arbeiten zu gehen, denn noch bin ich wegen des Schlaganfalls zu Hause. Die Folgen des Schlaganfalls sind zum Glück gering, da ich zu dem Zeitpunkt bereits Blutverdünner (Marcumar) nahm. Vom Kinderkardiologen, der meine PH mitbehandelt, habe ich das grundsätzliche „ok“ zum Arbeiten bekommen.

 

Mein ganz persönliches Fazit: Hör auf deinen Körper. Wenn er dir Zeichen gibt, dass er eine Pause braucht, dann nimm das ernst. Ich hatte viel Glück, dass nichts schlimmeres passiert ist.

Nimm Dinge die dir zustehen in Anspruch, so zum Beispiel auch eine teilweise EU-Rente.

 

 

Lieben Dank für Deine Geschichte, liebe Chrissi, leider wollte das Schicksal  es anders, sie ist leider 2023 verstorben. Machs gut, wir werden Dich nie vergessen.