Verlauf Embolie und CTEPH
Eine erste Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT) hatte ich vermutlich schon ca. 2006. Die hatte ich nicht weiter beachtet. Daraufhin folgte vermutlich ein zweites Ereignis und schließlich bekam ich dann eine Lungenembolie nach einem dritten Ereignis Anfang 2010. Meine Frau Barbara und ich flogen innerhalb mehrerer Wochen über Indien nach Laos und von Thailand zurück nach Deutschland. Dazwischen überbrückten wir die Reisewege mit Flussschiffen und Bus, wo wir uns genauso wenig bewegt hatten wie im Flugzeug. Ich hatte von der Problematik des vielen Sitzens im Flugzeug und einer potentiellen Thrombose nie etwas gehört.
Im Frühjahr stellte ich fest, dass mir das Atmen schwerer fällt. Der Zustand verschlimmerte sich zusehends und einmal kippte ich sogar um. Ich war ganz kurz „weg“, aber auch das war für mich kein Anlass aufzuhorchen und das ärztlich abklären zu lassen!
Bis mich schließlich meine Frau dazu drängte zum Arzt zu gehen...
(Immerhin hatte ich dann so viel Panik bekommen, dass ich schlagartig mit Rauchen aufhörte)
Eine typische Männergeschichte also...
Mein damaliger Hausarzt hatte wohl die Idee, das in einer Klinik abklären zu lassen, aber nicht einmal bei ihm klingelte etwas: er schickte mich gemächlich in die Paracelsus-Klinik nach Bad Liebenzell, für mich eine Fahrt mit Bus & Bahn von ca. 2,5 Stunden.
Erst dort wurden alle Glocken geläutet! Sofort hatte ich Heparin bekommen zur Auflösung der vorhandenen und Vermeidung neuer Thromben.
Das Nötigste abgewehrt, kehrte ich sehr geschwächt aus der Klinik zurück, hatte noch einen längeren Krankenschein und bekam dann einen Platz in der Reha-Einrichtung Todtmoos im Schwarzwald. Dort hatte man mich sehr gut aufgepäppelt, anfänglich konnte ich kleine Ansteigung nur im Schleichgang bewerkstelligen, später wurde das immer besser.
Ich wurde nach 4 Wochen als geheilt entlassen und wurde in das Arbeitsleben wieder eingegliedert.
Während des Aufenthaltes in der Klinik brach für mich eine Welt zusammen, denn mir wurde klar gemacht, dass ich eine dauerhafte Einschränkung beim Atmen und in meiner Lungenfunktion haben werde. Alpines Wandern war so nicht mehr möglich.
Nach dieser ganzen Episode blieben bei mir wie angekündigt Atemerschwernisse, mit denen ich aber im Alltag klar kam: es war nicht mehr alles möglich, ich wusste in welchen Situationen ich außer Atem komme und habe mich angepasst. So hätte ich bis ins hohe Alter damit leben können.
Ich wurde regelmäßig von einem Kardiologen und einem Venen-Spezialisten untersucht. Der Lungenfacharzt, den ich damals auch aufgesucht hatte, kam mir menschlich so schräg vor, dass es bei einem einzelnen Besuch blieb. Ich hatte außerdem genug von Ärzten, Befunden und überhaupt dieser ganzen Geschichte, ich wollte wieder in meinen Alltag zurück.
Wohl hatte sich der Venenarzt gewundert, dass sich nach über einem Jahr in der Lunge wenig rekanalisiert hat, d.h. die Atemwege wieder frei gemacht hat.
Wir akzeptierten das alle, ich bekam meine Blutverdünnung, zum Glück mit der Möglichkeit der Selbstmessung, was mich enorm unabhängig gemacht hat, und wurde auf INR 2,0 bis 2,5 eingestellt.
Das alleslief zwischen 2011 und 2021 ganz gut, bis ich Mitte 2021 mit einem Freund wandern gegangen bin, nur eine leichte kleine Wanderung in den Pfälzer Bergen. Ich sagte ihm, ich muss unbedingt selbst mein Tempo bestimmen und einhalten, wenn es bergauf ging solle er reden, ansonsten ist alles kein Problem.
Mein Freund hielt alles ein, er war sehr geduldig und die äußeren Bedingungen waren ideal.
Dennoch kam ich völlig außer Atem und das wunderte mich.
Aber wie es bei Vielen so ist, ich habe es abermals abgetan: schlechte Kondition, heißer Tag, schlechte „Bio-Kurve“, was man sich ebenso alles einredet.
Erst im darauffolgenden Winter verbrachten meine Frau Barbara und ich ein paar Tage in Marienbad / Tschechien und bezogen ein Hotel, das oberhalb der Stadt lag. Jeden Tag mussten wir nach unseren Ausflügen aus der Stadt nach oben zum Hotel zurückkehren. Das Ende des Weges war eine große Treppe in das 2.OG eines Altbaus und dort angekommen war ich jeden Abend völlig schlapp.
Wieder zuhause hatte ich bald einen Routinetermin bei meiner Venenärztin, die mich wiederum an einen Lungenfacharzt überwiesen hatte. Leider landete ich wieder bei jenem Lungenfacharzt, den ich damals extrem unfreundlich fand. Dieses Mal konnte ich zum Glück mit dessen spröder Art besser umgehen, denn er brachte mich gleich auf die richtige Schiene: man müsse das interdisziplinär abklären lassen, das klänge nach etwas Größerem, das man nicht innerhalb eines Fachgebietes behandeln könne, dazu sei er dann doch nicht kompetent genug. Ich war erstaunt über diesen Blick über den Tellerrand und begann diesen Menschen in anderem Licht zu sehen.
Ich wurde am 07.Juli 2022 an die Lungenfachklinik Löwenstein bei Heilbronn überwiesen. Für die erste Untersuchung habe ich ein CT der Lunge mitgebracht. Dr. Stähler, der als brillanter Diagnostiker gilt, hat sofort, ohne die eigenen Untersuchungen abzuwarten, eine CTEPH in Verdacht. Schließlich zeigte es die Herz-Ultraschall-Untersuchung deutlich: das Rechtsherz ist signifikant vergrößert! Natürlich musste das nochmals diagnostisch gesichert werden. Von 25.-29.Juli war ich deshalb stationär in Löwenstein, es wurde ein Rechtsherzkatheder durchgeführt. Die Untersuchung war so abgefahren wie unbedrohlich: lokal anästhesiert über die Beinvene wurde der Katheder über das Rechtsherz in die Lunge eingeführt. Ich konnte über ein stolperndes Herz ziemlich genau lokalisieren, wo sich der Katheder im jeweiligen Augenblick befand. In der Lunge wurde dann der Lungendruck gemessen: er lag bei 44 mPAP, normal wäre 12 – 20.
Im Anschluss wurde im Klinikum am Gesundbrunnen Heilbronn eine Lungenszintigrafie (V/P-Szintigraphie oder Diffusionsmessung) angefertigt: In die Lunge wird zum einen ein radioaktives Mittel eingeatmet und zum anderen in den Blutkreislauf eingeführt. Die Verbreitung wurde jeweils mit CT fotografiert. Elektronisch werden dann die Bilder übereinander gelegt. Damit kann man sehen, wo ein Blut-Gas-Austausch stattfindet und wo nicht und wo überhaupt überall Blut hinkommt.
(Wikipedia: Die Lungenszintigraphie ist eine nuklearmedizinische Untersuchung, um die Blut- und Luftversorgung der Lunge zu messen. Sie besteht im Normalfall aus einer Perfusionsszintigraphie, mit der die Durchblutung gemessen wird, und einer Ventilationsszintigraphie, die die Verteilung der inhalierten Luft misst)
Das Ergebnis war eindeutig eine Diagnose für CTEPH (nur 1-2% aller Embolie-Patienten entwickeln eine CTEPH) und damit wurde ich in das Universitätsklinikum des Saarlandes
(UKS) nach Homburg überwiesen.
(Leider gab es noch eine unschöne Geschichte in LFK Löwenstein, eine Klinik, die ich noch immer für fachlich einwandfrei und hoch kompetent empfinde: man hat meine Blutverdünnung völlig unter den Tisch fallen lassen. Ich hatte „gebridget“ (einen Übergang von Marcumar auf Heparin herstellen) und unmittelbar nach den Untersuchungen hätte man mit Marcumar wieder beginnen können. Jedoch hat mich jede Stationsschwester zur anderen verwiesen. Nach 2 Tagen habe ich dann selbstständig meine Antikoagulation übernommen. Das war leider ein nicht unwesentliches Versäumnis der Klinik.)
Nach dieser schockierenden Diagnose begann ich mich erstmal so richtig über CTEPH und PEA schlau zu machen, und was das für Konsequenzen hat:
Variante 1: eine Operation namens PEA an der offenen Lunge (der sogenannte Goldstandard)
Variante 2: eine Ballonangiographie. Man fährt mit einem Ballonkatheder in die Lungenarterien und zerreißt das Netzgewebe, um Platz für den Blutfluss zu schaffen. Variante 3: Medikamente, um den Lungendruck etwas zu senken, somit wird das Herz ein klein wenig geschützt; die Lebensspanne wird ein wenig verlängert.
Bei Variante 1 allerdings können nur 30-50% der Patienten operiert werden. Das hängt davon ab wo sich das Bindegewebe befindet, und ob man schlicht mit dem „Skalpell“ bis dahin kommt. Deshalb muss man hier nochmals Vordiagnosen treffen, um das festzustellen.
Ich wartete auf eine Aufforderung von Homburg zu diesen Untersuchungen zu erscheinen.......
Und wartete....
Mit dieser Diagnose nervtötend wartend, machten meine Gefühle Berg- und Talfahrt.
Ich war völlig am Boden und wusste nicht, was ich entscheiden würde, böten sich alle Möglichkeiten an.
Ich habe alle Optionen durchlebt und durchlitten, aber schließlich war ich durch das Tal durch: ich wusste, wenn die Möglichkeit bestehen würde, ich würde eine PEA machen lassen, ohne Frage!
Ich habe vorsichtig eine Mail an Prof. Wilkens geschrieben, wann ich denn vom UKS hören würde. Eine Reise nach Genua stünde bevor und ich würde gerne wissen, ob ich canceln soll.
Ich bekam eine Antwort: unbedingt Urlaub machen, gleich danach fände sich ein Termin.
Für den 13. – 17. Oktober wurde ich schließlich einbestellt. Es wurde eine Pulmonalisangiographie und ein CT-Angio und Cardio CT gemacht und ich durfte erstmal wieder heim.
Nun wartete ich wieder...
Und wartete... auf das Ergebnis, das schließlich zwei Wochen später, sozusagen als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, kam: „ Eine Operation wäre in meinem Fall geradezu eine Einladung“.
Der Termin 28.11.2022 wurde gesetzt.
Da ich wusste, je näher dieser Termin kommt und realer wird, umso mehr könnte es wieder zu einer emotionalen Berg- und Talfahrt kommen. Deshalb entschloss ich mich, offensiv zu werden.
Zum einen nahm ich Kontakt zur PH Sebsthilfegruppe auf, in der vor allem Daniela und Dietmar mir geduldig, kompetent und ausführlich Informationen, Tipps und Anregungen für diese Situationen gaben. Wie ich das emotional angegangen bin, beschreibe ich in einem Artikel, der als Blog auf der Webseite meiner WCTAG-Chen-Taiji-Lehrerin Sasa Krauter erschien:
„Sasa - mehr als eine Taiji-Lehrerin
Im Laufe des Jahres 2022 bin ich an einer seltenen Lungenkrankheit namens CTEPH erkrankt, und im Laufe zahlreicher Diagnosen und Untersuchungen stellte sich heraus, dass die beste Möglichkeit zur Heilung eine Operation an der offenen Lunge ist, alles andere hätte zur Folge gehabt: Medikamente einnehmen, ohne dass die Krankheit verschwindet, bei gleichzeitiger Arbeitsunfähigkeit.
Denn der Verlauf der OP heißt: Brustkorb öffnen, Blutkreislauf vom Herzen nehmen und durch eine Herz-Lungen-Maschine schicken, Herz stilllegen, Körper auf 20 Grad runterkühlen, dann Herz-Lungen-Maschine auch abschalten, so dass die Chirurgen ohne Blutfluss und daraus folgende Sichtbehinderung in der Lunge operieren können. Zeit während des klinischen Todes: 2x 30 Minuten! In dieser Zeit müssen hochpräzis und schnell Gewebestücke herausgeschält werden ohne die Lunge zu verletzen.
Diese Aussichten haben mich erstmal ins Bodenlose fallen lassen.
Aber Variante 2 mit Frühverrentung kam für mich nicht in Frage, und so musste ich mich mit dieser Operation auseinandersetzen.
Solange das noch weit vor mir lag, war das Thema abstrakt, aber je näher der Termin kam, um so mehr hat es mich verrückt gemacht, und die Angst wurde größer und größer.
Seit ca. 13 Jahren als Schüler der WCTAG-Lehrerin wusste ich von Sasas Qualitäten, weit über das Praktizieren von Taiji hinaus. Ich erhoffte mir die mentale und emotionale Unterstützung, die ich in dieser Situation brauchte.
10 Tage vor der Operation, begannen wir mit der „Praxis“: Sasa meditierte mit mir, gab mir Hausaufgaben in Form von Texten, Büchern und angeleiteten ZEN-Meditationen, und natürlich praktizierten wir immer wieder gemeinsam unser Chen-Taiji.
Angekommen in der Klinik in Homburg hatte ich das Wochenende über, bevor Montags die OP angesetzt war, Zeit mich an den Ort zu gewöhnen und mich schließlich auf den besonderen Tag vorzubereiten. Ich bat Sasa, obwohl wir unsere gemeinsame Praxis fürs Erste abgeschlossen hatten, für mich noch „in Bereitschaft“ zu bleiben, was sie ohne zu zögern ermöglicht hat.
Diese gesamte Vorbereitungszeit war so intensiv und hilfreich, dass ich schließlich fast angstfrei in diese OP ging, noch am Morgen im Narkoseraum scherzte ich mit den Pflegern über die nicht funktionierende Narkose-Maschine.
Parallel dazu hatte ich allerbeste und liebevollste Unterstützung von meiner Frau Barbara, und nachdem ich über Social Media um mentale Unterstützung meiner Freunde und Bekannten bat, hatte ich dermaßen viel positive Rückmeldung und Unterstützung, dass mir klar wurde: wenn man offen mit der Krankheit umgeht, kann man von Freunden und Verwandten unendlich kraftvoll unterstützt werden.
Die Operation war erfolgreich, dennoch hat mich Sasa auch noch im Nachhinein betreut und sich immer wieder erkundigt, wie es mir ginge. Auch Freunde und Verwandte sind noch immer präsent und umsorgend.
Mittlerweile bin ich wieder im normalen Training, ich merke wie es mir täglich besser geht und wenn ich Sasa im Training erlebe, ist diese intensive Zeit noch immer sehr präsent.
Offener Umgang mit schweren Krankheiten zieht meist tröstende Fürsorge mit sich.
Durch Sasas Zuwendung fühlte ich mich völlig getragen. Ich kann jedem Menschen nur raten in solch einer Situation unser Taiji und Sasas Arbeit als ein Geschenk zu betrachten, als gute Hilfe für Situationen, die uns schier verzweifeln lassen.
In tiefer Dankbarkeit
Markus Karlsruhe, 27.02.2023“
15.01.2023
Die Beschreibung der eigentlichen Operation (PEA: Pulmonale Endarteriektomie) hier in Form einer Mail an meinen Vorgesetzten:
„Hallo Jonas,
Ich möchte Dir mal einen kurzen Zwischenbericht geben:
Vergangenen Montag wurde ja die OP durchgeführt. Sie hat wohl alles in allem mit Narkose, Aufsägen, Herz-Kreislauf auf Herz-Lungen-Maschine verlegen, Herz stilllegen (mit Kochsalzlösung die Kammern überfluten oder überschütten), Körper auf 18 Grad runterkühlen, Kopf in Eis packen, Maschine abstellen, große Lungenaorta links aufschneiden, 30 Minuten das Gewebe rausschneiden/-schälen, zunähen, 10 Minuten den Kreislauf laufen lassen, dann dasselbe auf der rechten Seite, anschließend über die HLM langsam wieder auf Körpertemperatur hoch wärmen.
Das war am Nachmittag alles erledigt.
Über Nacht noch Überwachung auf der Intensivstation.
Am Dienstagmorgen ging es schon auf die Normal Station.
Am nächsten Tag erste Mobilisierung: aufstehen, hinlegen (jeweils mit bestimmter Technik), erste Meter im Flur, alles unter Sauerstoffzugabe und Begleitung des Physio.
Immer wieder röntgen, Ultraschall und entfernen von Zugängen ( Summe 6 Stück)
Gestern ziehen letzter Drähte (Notfalldrähte, die direkt am Herzmuskel angenäht waren)
Ab Mittwoch auch schon Treppe gehen.
Jetzt ist Wochenende und am Montag soll ich schon entlassen werden.
Dann werde ich den Rest der Woche daheim sein und vermutlich gegen Mitte Dezember in die REHA nach Heidelberg kommen.
Körperlich ist es natürlich anstrengend, aber mir geht es gut 😊
Wobei man die Besserungen erst in 4 bis 6 Wochen sehen wird,
Es fühlt sich seltsam an, weil das Herz gerade ins Leere pumpt (das Herz ist wie Arnold Schwarzenegger, nur ohne Gegenwehr!)
So fühlen sich die Pumpbewegungen gerade an: wie ein großer Dampfhammer, der einfach nur ins Leere haut.
D.h. auch in den nächsten Wochen muss das Herz geschont werden, damit es nun auf diesem Weg nicht überlastet wird!
Später kann ich gerne noch ausführlicher werden, aber ich merke, dass sich mein Hirn wie Watte anfühlt.
Liebe Grüße an alle, Du darfst gerne die Inhalte weitergeben 😊
Euch ein schönes WE
Markus“
Hier nochmals die professionelle Beschreibung aus dem Operationsbericht:
In ITN und Rückenlage mediane Sternotomie, Längseröffnen des Perikards. Kanülieren von Aorta und beiden Hohlvenen und Übergang auf EKZ, Abkühlen des Patienten. Klemmen der Aorta ascendens, Gabe von Kardioplegie in die Aortenwurzel. Bei Erreichen einer Nasopharyngealtemparatur von 20 Grad Celsius Unterbrechen der EKZ und Eröffnen der linken Pulmonalarterie. Hier sieht man recht periphere Veränderungen. Vorsichtig kann im Oberlappen eine Dissektionsschicht entwickelt werden, 2 Segmente werden wiedereröffnet. Fortsetzen der Präparation in den Unterlappen, hier können schließlich alle Segmente desobliteriert werden. Wiederaufnahme der EKZ, Verschluss der Arteriotomie. Man wendet sich nun der Gegenseite zu. Unterbrechen der EKZ und Eröffnen der rechten Pulmonalarterie. Hier findet sich Speckthrombus und Narbengewebe in der zentralen Arterie. Eine Dissektionsschicht wird entwickelt, diese kann in alle Segmente der rechten Lunge verfolgt werden. Wiederaufnahme der EKZ, Wiedererwärmen des Patienten und Verschluß der Arteriotomie. Sorgfältige Entlüftung des Herzens und Freigabe der Koronarzirkulation. Das Herz beginnt spontan zu schlagen, es übernimmt einen Sinusrhythmus. Aufnähen von Schrittmacherdrähten. Nach ausreichender Reperfusion und Wiedererwärmung langsame Entwöhnung von der EKZ. Schrittweise Dekanülierung, Übernähen der Kanülierungsstellen und sorgfältige Blutstillung. Einlegen von Drainagen, schichtweiser Verschluss des Thorax in typischer Weise. Der Patient kommt in stabilem Zustand auf die Intensivstation.
Die Bypasszeit betrug 120 Minuten, die Aortenabklemmzeit 56 Minuten, OP-Dauer 3 Stunden 15 Minuten
Elektrisiert hat mich vor allem der Satz: „Das Herz beginnt spontan zu schlagen...“!
29.11.22
Am 05.12.22 wurde ich nach Hause entlassen und sollte innerhalb 2 Wochen eine Anschlussheilbehandlung (AHB) bekommen. Ich habe eine Einladung für den 15.12. erhalten, aus Kapazitätsgründen wurde aber nochmals auf 20.12. verlegt. Ich musste mich irgendwie mit dem zersägten Brustbein arrangieren, das von Homburg mitgegebene Opiat Targin und die IBUs waren am 07.12. aufgebraucht. Daniela von PH Selbsthilfe bläute mir ein, Schmerzmittel zu nehmen, weil ich mit Schmerzen zu falsch atmen würde, was eine Lungenentzündung oder Embolie zur Folge haben könnte. Nach Beratung mit meiner Frau Barbara (erfahren in Umgang mit Tablettensucht im Reha Bereich) und einer Freundin (langjährige Anästhesistin) und meiner Hausärztin bin ich auf Tilidin umgestiegen. 4 x 50mg sind als Tagesdosis empfohlen. Diese Menge habe ich 2x genommen sonst max. 150mg, meist aber nur 100 mg nachts. Ich habe mich sehr geschont, konnte kaum etwas machen, war aber auch nach kleinsten Aktionen platt und müde. Mit einer speziellen Technik musste ich brustbeinschonend (ohne großes Aufstützen) vom Bett aufstehen oder Dinge erreichen können, ohne dass ich mich unnötig arg verrenken musste.
Ankunft in der Rehabilitationsklinik Heidelberg Königstuhl. Das Gebäude macht einen angenehm modernisierten Eindruck, es gibt Ecken, die sehr gut gelungen sind (Cafeteria), mein Zimmer ist eine gute Mischung aus Praktisch, Stabil und nett anzuschauen. Der Speisesaal ist etwas unterkühlt, sowohl vom Aussehen als auch tatsächlich von der Temperatur (es ist Winter und die Energie teuer, deshalb wird überall gespart). Wegen Corona essen wir in Schichten, was ich nicht schlecht finde, dann ist es auch nicht so laut. Das Essen allerdings ist recht lecker.
Überhaupt ist es hier sehr streng wegen Corona: in den Gängen immer Maske, im Zimmer und bei Anwendungen nicht. Alle 4 Tage wird getestet, Besuch nur Mittwochs zwischen 11 und 13 Uhr mit Test. Ich finde alle Angestellten sind sehr freundlich, und wenn ein Patient meckert, sind sie nochmals eine Schippe freundlicher und geduldiger.
Die Anwendungen sind optimal auf meine Krankheit zugeschnitten, es gibt Krafttraining, Gehtraining, Atemübungen, Progressive Muskelentspannung, Ergometer. Schwimmen darf ich nicht, weil das Risiko, falls das Herz doch noch Schwierigkeiten macht, mich aus dem Becken zu holen, zu groß ist. Was ich hier lerne, ist das komplexe Zusammenspiel meiner Lunge, die zwar „befreit“ aber noch immer im Hochdruck ist, mein Rechtsherz, das noch immer vergrößert ist, mein oft schmerzendes Brustbein, das bestimmte Bewegungen nur eingeschränkt zulässt. Manche Dinge kann ich beeinflussen, wie das gezielt tiefe Atmen, anderes nicht, wie z. B. dass die Sauerstoffsättigung in den Keller rauscht, wenn ich etwas zu viel Aktion mache. Einerseits lerne ich hier bewusste Vorgehensweise beim Gehen, vor allem Steigungen, andererseits muss ich Geduld lernen, weil das ganze System Zeit braucht, bis es wieder zurechtgerüttelt ist. Aber ich finde die Therapeutinnen machen das sehr kompetent und gut auf jeden einzelnen Patienten abgestimmt.
In der ersten Woche war ich abends meist ziemlich platt. Anwendungen gibt es ausreichend, mittlerweile fülle ich Wartezeiten und Lücken mit Taiji auf. Anfänglich konnte ich wegen des Wetters kaum rausgehen und Spaziergänge waren eher müßig, weil es hier überall bergauf und bergab geht.
Und die Gefühle gehen mit mir immer wieder durch, ich kann das alles noch immer nicht so richtig fassen!
Ich bekomme jetzt auch Massagen, die sehr gut tun, weil der Oberkörper überall verspannt ist. Vor 2 Wochen konnte ich die Schmerzen im Thorax nicht von Verspannungsschmerzen unterscheiden. Dehnübungen haben geholfen, ich konnte dann auch irgendwann gut die Arme hochnehmen und überhaupt weit dehnen. Leider habe ich dabei die Mitte der Wunde etwas aufgerissen.
Mein Herz hat sich seit Anfang der Reha (hat sich dann im Ultraschall, das in der 2. Woche durchgeführt wurde, bestätigt) gut zurückgebildet und zeigt sehr gute Werte auf (das zeigt im großen Blutbild der Wert NT-PRO-BNP an), der Lunge geht es besser, ich kann besser atmen, aber dennoch komme ich noch immer schnell außer Atem und vor allem mein Sauerstoffgehalt sinkt immer wieder unter 88%. Da er sich schnell erholt, brauche ich keinen Sauerstoff. Ich lerne die Zeichen zu erkennen, ab wann ich pausieren oder langsamer machen muss, damit das nicht passiert. Laut Ärztin würde das sicherlich noch einige Monate so gehen. Es ist stets ein ausdauerndes Training nötig mit einer Atemtechnik, die ich mir erst neu beibringen muss: sobald es anstrengend wird, atme ich flacher, statt tief einzuatmen und kurz den Atem anzuhalten, damit sich die Luft richtig bis in die hintersten Ecken verbreiten kann, bevor sie wieder ausgepustet wird. Man musste mir sogar zeigen, wie man richtig in den Brustkorb atmet, dafür ist auch das Atemübungsgerät CliniFlo gedacht. Atemtraining, Dehnungsübungen, Gehtraining, Brust-OP-Übungen ergänzen einander und runden das Training ab.
Mein Brustbein muss natürlich noch geschont werden, worauf ich immer wieder achten muss, weil es sich gar nicht so „betroffen“ anfühlt. Anfänglich hat es überall gekracht und gescheppert im Brustkorb, das hat mit der Zeit nachgelassen, alles hat geschmerzt, ich habe mich nicht getraut auf die Seite zu liegen, was ich auch nicht tun sollte. Das Korsett habe ich nach ca. 2 Wochen in Reha tagsüber abgelegt, am 6.12. dann auch nachts. Dennoch darf es nicht belastet werden, Gewichte über 5 kg sind tabu, Radfahren bis jetzt auch. Mein Krankenschein zur Schonung des Brustbeins geht wohl bis Ende März.
Am 09.01. hatte ich den 2. 6-Minuten-Geh-Test und habe ihn um 110 Meter von 459 auf 569 Meter getoppt. Das sei eine extrem gute Leistung und liegt jetzt auch völlig in der Norm.
Als Fazit kann ich nur sagen: die Reha war super und sehr hilfreich, die Einrichtung ist sehr gut organisiert, die Mitarbeiter:innen sind extrem freundlich.
Ich bin noch bis Ende März krank geschrieben, danach erfolgt eine Wiedereingliederung in die Arbeit.
Mit der Ärztin in der Reha-Einrichtung hatte ich verabredet keine ambulante Reha zu beantragen, weil man dort für CTEPH Leute nicht eingestellt sei.
Ich bin froh drum, weil so kann ich alles selbst gestalten: Taiji-Training, Spazieren gehen (Atmung), meine Übungen aus der Reha, Ergometer, später Fahrrad fahren.
Anfänglich hatte ich noch erhebliche Probleme auf der Seite zu liegen und wenn ich etwas zu schwer getragen hatte, oder mich beim Anziehen der vielen Winterklamotten oder beim Aufziehen des Rucksacks mich verwunden habe, tat mir das Brustbein weh. Das ist noch immer so, aber es nimmt in Mini- Schritten ab. Das Atmen wird auch in kleinen Schritten besser, manchmal ist es traumhaft schön richtig tief einatmen zu können, ohne das Gefühl zu haben es reiche nicht oder das Bedürfnis zu haben, ich müsse nochmals „nachziehen“. Es ist einfach ein Genuss. Manches Mal aber auch, atme ich nicht anständig und ich muss mich bewusst dazu anhalten, üben und genau darauf achten. Deshalb geht mitunter immer noch der Sauerstoffgehalt in den Keller. Nachts merke ich, dass ich ebenfalls nicht sehr tief atme und habe mir zur Überwachung eine Sport-Uhr gekauft, die das permanent misst. Ich bin an der unteren Grenze und muss das weiterhin beobachten. Aber definitiv wird alles besser, ich kann länger reden ohne Atemnot und Anstrengungen sind längst nicht mehr so belastend.
Der Krankenschein macht Sinn und ich bin froh darum.
Ich schaffe einen guten Mix aus Rehabilitation und Genuss ( der ja auch zur Reha dazu gehört)
Ich bin immer noch so glücklich, dass das alles in diesem Unglück doch so gut verlaufen ist.
Auch mit meinem Lungenfacharzt habe ich jetzt richtig Frieden geschlossen: man muss bei ihm sehr lange warten (wobei ich in meinem Fall nochmals nach Hause gehen kann und angerufen werde, wenn die Visite ansteht). Allerdings kümmert er sich stets um akute Fälle, bzw. nimmt sich viel Zeit für die Patienten. Einmal dauerte das Warten so lange, dass ich gar nicht mehr in die Praxis musste, sondern er mich um 21:30 anrief: das Gespräch war sehr ausführlich, lange und kompetent. Auch honoriert er eigenes aktives Handeln, indem man mit ihm viele Dinge regelrecht gemeinsam erarbeiten kann.
Ich habe mich sehr für seine kompetente und engagierte Arbeit bedankt. Leider beklagte er sich, es sei schwierig ein Vollblut-Arzt zu sein und gute engagierte Arbeit zu machen, zu oft schimpfen die Leute.
Im Sommer 2023 dann wird es eine Herzkathederuntersuchung in Löwenstein geben, um zu sehen, ob der Lungendruck noch stabil ist.....
So viele Menschen haben mir geholfen, wieder gesund zu werden und durch diese Zeit zu kommen. Dafür bin ich unendlich dankbar. Meine Motivation ist deshalb, meine „persönliche Reha“ so gut es geht durchzuführen, um möglichst bald wieder gesund und aktiv zu sein, um meinerseits wiederum Hilfe, Aufmerksamkeit und Zuwendung anderen Menschen geben zu können.
Insbesondere hier gebührt nochmals Daniela und Dietmar und auch alle anderen Beteiligten der PH Selbsthilfegruppe mein großer Dank. Eure Arbeit, Euer Engagement und Eure Zuwendung ist so wichtig für uns alle!
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Vielen lieben Dank für Deinen ausführlichen, sehr anschaulichen Bericht und alles Liebe und Gute für Deine gesunde Zukunft, DS